Endlich abschalten im Urlaub – Wie Sie als Führungskraft guten Gewissens Laptop & Handy zu Hause lassen können

Endlich abschalten im Urlaub - Wie Sie als Führungskraft guten Gewissens Laptop & Handy zu Hause lassen können

Nur zu oft berichten mir Führungskräfte davon, dass Sie meist nur kurz in den Urlaub gehen können, da sonst keiner macht was er soll. Sind sie dann am Zielort angekommen, geht ohne Kontrollanrufe und Status-E-Mails gar nichts. Schließlich hat die Erfahrung gezeigt, dass ohne die eigene Anwesenheit nichts so funktioniert wie es soll.

Wie es anders geht und Sie als Führungskraft endlich Zeit für sich und Ihre Familie haben, erfahren Sie in diesem Beitrag. Ich verrate Ihnen gleich zu Beginn meine drei Geheimnisse, die ich Stück für Stück erläutern werde. Sie ahnen es schon: Wenn Sie nicht da sind, muss die Aufgaben jemand anders übernehmen. Ein toller Nebeneffekt ist dabei, dass die gleichen Geheimnisse auch der Schlüssel zu mehr strategischer Zeit in Ihrer Führungsarbeit sind. Sie können also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Mehr Entspannung im Urlaub und mehr Zeit für Strategisches bei der Arbeit.

Ihre Mitarbeiter müssen die anstehenden Aufgaben während Ihrer Abwesenheit erledigen …

  1. können
  2. wollen
  3. dürfen

Falls Sie jetzt mehr erwartet hätten, muss ich Sie enttäuschen. Führung ist keine Raketenwissenschaft. Viele Dinge sind einfach zu verstehen, jedoch schwer umzusetzen. Ähnlich wie bei einem traditionellen Gericht, bedarf es nur wenige Zutaten, jedoch sehr viel Erfahrung, um ein perfektes Ergebnis zu erzielen. Ob der Laden ohne Sie weiterläuft, hängt also im Wesentlichen von diesen drei Faktoren ab: Ihre Mitarbeiter müssen die zu erledigen Aufgaben ohne Sie können, wollen und dürfen.

1. Eine Feuerwehr kostet immer nur Geld, bis man sie braucht…

Ihre Mitarbeiter sind Ihr größtes Kapital. Ihre Ergebnisse im Team sind 1:1 abhängig von den Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter. Sind sie gut, sind es auch Ihre Resultate. Wenn es also darum geht, dass Ihre Mitarbeiter die zu erledigen Aufgaben gut bewältigen können, benötigen Sie Grundlagenwissen über die Aufgaben und die Hintergründe. Sie brauchen regelmäßig Informationen über produktspezifische und technische Neuerungen, über gesetzliche Änderungen und organisatorische Anpassungen sowie über geänderte Kundenerwartungen. Manche Dinge können Sie mit Hilfe von Schulungen erledigen. Geht es um organisatorische Änderungen, sind jedoch permanent Sie am Zug Informationen weiter zu kommunizieren und Entscheidungen nachvollziehbar und transparent zu machen. Ihre Mitarbeiter können die Kernaufgaben nur erfolgreich erledigen, wenn sie wissen, was sich bei beteiligten Schnittstellen geändert hat und was von ihnen erwartet wird. Viel wichtiger noch als Schulungen und die lückenlose Weitergabe von Informationen ist jedoch, dass Sie sich als Coach begreifen, der die Mitarbeiter dabei unterstützt, ihre eigenen Ziele zu erreichen. Die wichtigste Frage für Sie als Führungskraft lautet: „Was brauchst Du von mir, damit Du die Aufgabe beim nächsten Mal alleine bewerkstelligen kannst?“. Selbstverständlich müssen Sie dies dann auch liefern. Investieren Sie also Geld in Form von Schulungen und vor allem Zeit in Form von lückenloser Kommunikation und einer unterstützenden Führungsarbeit in Ihre Mitarbeiter. Die vermeintlichen Kosten Ihrer Feuerwehr zahlen sich ganz sicher aus, wenn es während Ihrem Urlaub auf der Arbeit unerwartet brennt. Spätestens dann sind sie froh rechtzeitig in die Fähigkeiten Ihrer Truppe investiert zu haben.

Fazit1: Können geht nur über Information, Kommunikation und einer unterstützenden Haltung.

2. Stellen Sie sich vor es brennt, aber keiner greift zum Feuerlöscher

Was bringt es Ihnen, wenn Ihre Mitarbeiter alle Aufgaben erledigen können, aber keiner den ersten Schritt wagt. Sprechen wir es aus: Sind Sie nicht da, entsteht ein Machtvakuum. Wenn Ihr Team es nicht gewohnt ist eigenständig auf Probleme zu reagieren und sich immer erst mit Ihnen abstimmen muss, werden sie auch während Ihres Urlaubs zunächst doof aus der Wäsche schauen. Vielleicht suchen sie dann Rat bei Ihrer Vertretung, bei einer anderen Führungskraft oder rennen direkt zur Geschäftsleitung, die dann zurecht fragt, warum Ihr Team nicht in der Lage ist, selbstständig Lösungen im Sinne des Unternehmens zu finden. Wenn Sie also wollen, dass Ihre Mitarbeiter die Aufgaben nicht nur erledigen können, sondern bei Problemen auch proaktiv auf diese zugehen wollen, müssen Sie dies kontinuierlich trainieren. Zum einen macht es Sinn starre Vorgaben in den Prozessen radikal zu eliminieren. Dinge wie „Rücksprache erforderlich“ oder „entscheidet die Führungskraft“ müssen konsequent ersetzt werden durch beispielsweise „entscheidet Sachbearbeiter in Abstimmung mit zuständiger Schnittstelle“. Klar ist, dass es dabei am Anfang Probleme geben wird. Ihr Vertrauen wird zu 100% enttäuscht werden und es werden Fehler passieren. Klar ist aber auch: Ohne diese Fehler werden Ihre Mitarbeiter nie wachsen und sich ihrer Verantwortung gerne stellen. Sie können den Prozess unterstützen, indem Sie einen geschützten Rahmen schaffen. Passieren Fehler, sind diese in Ordnung. Treten Unsicherheiten auf, nehmen Sie sich Zeit. Besonders geeignet ist hier der sogenannte Mentoren Trick, den ich im Coaching mit Geschäftsführern gerne anwende. Wenn ein Mitarbeiter mit einem Problem auf Sie zukommt, dass er eigentlich selbst entscheiden könnte, fragen Sie ihn beim nächsten Mal Folgendes: „Stell Dir vor Mitarbeiter xy, wir haben einen neuen Mitarbeiter im Team, den Du als Mentor bei der Onboarding-Phase unterstützt. Wenn er mit diesem Problem auf dich zukommen würde, was wäre dein Vorschlag? Wie sollte er deiner Meinung nach entscheiden und handeln?“ Durch diese Fragestellung ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern Erfolgserlebnisse und ermutigen Sie indirekt dazu, Verantwortung zu übernehmen. Wenn Sie im Urlaub sind und es brennt, ist es gut, wenn die Mitarbeiter wissen, wie ein Feuerlöscher funktioniert. Es braucht aber auch Mut und Eigenverantwortung in der Situation, den Feuerlöscher auch in die Hand zu nehmen und einen kühlen Kopf zu bewahren.

Fazit2: Wollen geht nur über Selbstvertrauen. Ermutigen Sie ihre Mitarbeiter Verantwortung zu übernehmen und unterstützen Sie sie dabei positive Erfahrungen zu machen.

3. Für Feuer ist doch der Sicherheitsbeauftragte zuständig nicht wir, oder?

Bei vielen auftreten Problem während Ihrer Abwesenheit gibt es keinen definierten Prozess, wie dieses oder jenes Problem zu lösen ist. Das ist ja der Grund, warum es Sie als Führungskraft überhaupt braucht. Eines ist dabei aber klar: Brennt der laden darf es kein Kompetenzgerangel geben. Es muss jedem zu jeder Zeit klar sein, wer wann für was zuständig ist. Tritt ein Fall auf, bei dem keine Zuständigkeit definiert ist, müssen ähnlich wie beim Volleyball andere Absprachen her, wer zum Ball geht. Ein kurzes „ich habe das Problem erkannt und gehe direkt an die Lösung“ löst schnell sehr viele Fragen. Ihre Mitarbeiter müssen wissen, dass sie auftretende Probleme nicht nur lösen können, sondern explizit auch dürfen. Wenn Sie das fördern wollen, müssen alle Zuständigkeiten genau definiert und in den Prozessen verankert werden. Gleichzeitig sind Fehler kein Grund mehr nach dem Schuldigen zu suchen. Denn wenn sie das tun, signalisieren Sie jedes Mal, dass Ihre Mitarbeiter im Zweifel doch nichts selber entscheiden dürfen. Machen Sie sich Ihrer Rolle klar: Als Führungskraft müssen Sie nicht im Unternehmen arbeiten (und Ihren Mitarbeiter die Entscheidungen abnehmen), sondern Sie müssen am Unternehmen arbeiten. Sie sind Führungskraft geworden, weil Sie mit Ihrer Arbeit geglänzt haben. Jetzt aber müssen Sie Ihre Mitarbeiter glänzen lassen. Das ist ein grundsätzlich anderer Beruf. Sie sind dafür da, die Interessen Ihrer Mitarbeiter zu vertreten, ihre Ideen aufzunehmen, Verantwortung abzugeben und damit allen ein wertschätzendes Umfeld zu gestalten, indem jeder wachsen kann. Fragen Sie in Meetings nach Themen, die Ihre Mitarbeiter beschäftigen und moderieren Sie die Gruppe dahingehend, dass sie selbstständig nach Lösungen für Probleme sucht. Sie nehmen selbstverständlich keine operativen Aufgaben mit aus dem Meeting für sich. Sie haben schon genug mit Führungsarbeit zu tun, wenn Sie diese denn wie beschrieben auch ausfüllen. Fragen Sie wo Ihre Mitarbeiter Unterstützung von Ihnen brauchen und ermutigen Sie sie, auch unkonventionelle Wege weiter zu gehen. Glauben Sie mir: Ihre Mitarbeiter werden Ihnen jeden Urlaub, den Sie machen von Herzen gönnen, weil Sie wissen, dass sie immer von Ihnen unterstützt werden. Glänzen Ihre Mitarbeiter, strahlt ihr gesamtes Team und damit auch Sie. Es könnte also so einfach sein: Sie machen Urlaub und Ihre Mitarbeiter gönnen es Ihnen von Herzen. Brennt es im Haus, ist es für sie nichts neues. Sie wissen, dass sie zuständig sind oder jederzeit werden können. Im Alltag löschen sie sowieso häufig Brände. Nicht alle haben Sie als Führungskraft überhaupt mitbekommen.

Fazit3: Dürfen geht nur über Rollenklarheit und fängt bei Ihnen als Führungskraft an. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter zudem glänzen, dann DÜRFEN Sie ohne Reue entspannt Urlaub machen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Sie umso entspannter Urlaub machen können, je mehr Ihre Mitarbeiter die anstehenden Aufgaben erledigen können, wollen und dürfen. Die Verantwortung dafür haben Sie:

  1. Die Verantwortung dafür, dass es während Ihrer Abwesenheit reibungslos läuft haben Sie allein und nicht ihre Mitarbeiter.
  2. Die Verantwortung, dass Sie in Ihrem Urlaub Zeit für Ihre Beziehung und Familie haben, haben Sie alleine.
  3. Die Verantwortung, dass Sie im Alltag eine ausgeglichene Work-Life-Balance haben, haben Sie alleine.

Ganz schön viel Verantwortung? Dann nehmen Sie das Wort einmal wörtlich und übernehmen Sie Verantwortung, indem Sie Ihre Mitarbeiter darin aktiv fördern die anstehenden Aufgaben zu können, wollen und dürfen.

Einen schönen Urlaub und entspannte Tage mit Ihrer Familie.

Herzliche Grüße
Jens Eisele

Ich freue mich auf den Austausch mit Gleichgesinnten, Kritikern und all denen, die einfach die Diskussion an sich schätzen.